Matusalem Rum auf Europatour
Ein Fass-Seminar mit Master-Blenderin Cynthia Vargas

Die Traditions-Brennerei aus der Dominikanischen Republik erweitert ihr Premium-Portfolio und nutzt diesen Anlass, ihre Master-Blenderin nach Europa zu bringen, um über die Geheimnisse des Ron Matusalem und die Faszination der Holzfassreifung zu berichten. Im Bild: Matusalem Gran Reserva 15 mit einem Grundrezept von 1872.
Master Blender Tour – The Wood Experts. Unter diesem Tour-Titel reiste Cynthia Vargas, die sympathische Master-Blenderin von Ron Matusalem, quer durch Europa. Budapest, Paris, Prag, Vilnius und schließlich kam auch Berlin an die Reihe. In der stylischen Veronika Bar im legendären Tacheles-Komplex lud die Rum-Marke gemeinsam mit ihrem hiesigen Vertriebs-Partner Reidemeister & Ulrichs eine Schar auserlesener Barkeeper und Rum-Experten ein, um von der Fortbildung durch Cynthia Vargas zu profitieren und – ganz nebenbei – ihre neueste Rum-Kreation zu verkosten.
Rum trifft Solera-Tradition 1872
1872 lautet das Gründungjahr jener Marke, die eine Historie zu berichten weiß, die in der Karibik nicht ganz ungewöhnlich anmutet. Pablo Nonell lautet der Name jenes spanischen Auswanderers aus Lloret de Mar, der in Santiago de Cuba in jenem Jahr seine Brennerei eröffnet. Seine spanischen Wurzeln machten ihn zu einem der Pioniere des Solera-Systems in der Karibik. Jene spezielle Variante der Fassreifung, wie sie bei Sherry oder Brandy rings um Jerez traditionell Anwendung findet. Dabei werden über die Zeit der Reifung Destillate unterschiedlichen Alters in andere Fässer verlegt und so mit Destillaten anderer Reifungsstufen vermengt. Pablos Neffen und ihre Nachfahren führten das Unternehmen gemeinsam mit der Álvarez Familie fort und entwickelten es weiter. Insbesondere der Tourismus-Boom gen Kuba, ausgelöst durch die Prohibition in den USA, sorgte für Aufmerksamkeit und der gute Ruf des Rums verbreitete sich rasch. Die Cocktail-Welle der 1940-er und 50-er Jahre schloss sich an, wie aber auch die Revolution auf Kuba, die in der Folge auch zahlreiche Rum-Hersteller zum Verlassen des Landes zwang. Auch die Familien hinter Ron Matusalem fanden sich zunächst in Miami wieder, um ihrem Unternehmen neue Strukturen zu ermöglichen, doch die verschiedenen Teilhaber wurden sich nicht einig über ein gemeinsames Geschäft in den Vereinigten Staaten.
Ein Neubeginn in den 1990-ern
Es dauert bis in die 1990-er-Jahre, als die Álvarez-Familie die Marke Ron Matusalem frisch belebte und sich für die Dominikanische Republik als Standort entschied. Klima, Bodenbeschaffenheit und Wasserqualität ähneln der kubanischen Heimat und scheinen ideal als Bedingungen, um an die Wurzeln ihrer Rum-Tradition anzuknüpfen, vornehmlich mit dem Klassiker der Marke, Ron Matusalem Gran Reserva 15. Gerne nennt die Familie das Jahr 2016 als das Wendejahr, in dem die Marke in ihrer neuen Heimat nicht nur etabliert ist, sondern von der karibischen Insel aus auch den Weg in weitere internationale Märkte findet. In über 70 Ländern kennen Rum-Genießer mittlerweile die Marke mit der Schwalbe im Logo.
Cynthia Vargas ist heute diejenige, die die wertvollen Fässer von Ron Matusalem hütet, verantwortet und insbesondere weiter entwickelt. Ihr Lehrmeister über 13 Jahre war ihr Vorgänger, Patricio Estevez auf den sie stets voller Ehrfurcht und Respekt verweist. Nicht nur bei Whisky oder Cognac beeindruckt die oft langjährige und treue Verbundenheit bei den Verantwortlichen im Rahmen der Herstellung und Reifung der Destillate, bei den Premium-Rummarken ist dies nicht anders.
Cynthia, geboren im mexikanischen Guadalajara, studierte Lebensmitteltechnologie und Qualitätssysteme im Nahrungsbereich. Kenntnisreich und voller Leidenschaft berichtet sie über ihre Tätigkeit und insbesondere über ihre Fässer: „Wir sind Holzexperten seit 1872. Und bis heute ist Holz mehr als ein Gefäß für Rum. Das Holz ist eine Zutat, genauso wichtig wie der Alkohol. Die Interaktion von Destillat und Holz erfordert unsere höchste Sorgfalt und Aufmerksamkeit. Die Kombination aus Holz und der jeweiligen Reifungszeit des Rums ergibt jene Bestandteile, wie Aroma, Textur, Geschmack und Grundprofil, die man verstehen muss, um den finalen Blend zu erzeugen.“
Ein Blick gen morgen
Neben der Tradition, dem Handwerk und einer Grundrezeptur aus dem Jahr 1872 richtet sich Cynthias Blick ebenso in die Zukunft: „Nachhaltigkeit ist auf dem Weg, ein wichtiges Thema auch in der Rumherstellung zu werden. Der Klimawandel wird Rum verändern. Wir erzeugen heute eine größere Zahl von Blends, um flexibel zu bleiben. Und so wie Patricio die Marke Matusalem für mich aufgestellt hat, so ist es meine Verantwortung, die Weichen auch für meinen Nachfolger zu stellen. Ich bin verantwortlich nicht nur für die Produktion von heute, sondern auch für die künftige von morgen und übermorgen.“
So entwickelt Cynthia Methoden zur Klimakontrolle in den Lagerhäusern, Osmose-Verfahren zur Wasseraufbereitung und hofft, dass die Unternehmensführung ihre Planung eines weiteren Lagerhauses demnächst genehmigen wird. Sie erlebt ein aufregendes Jahrzehnt für Matusalem Rum und die Dominikanische Republik insgesamt. 2020 wurde endlich das Herkunftssiegel „Dominican rum“ genehmigt, das der Verband Asociación Dominicana de Productores de Ron (Adopron) sechs Jahre zuvor beantragt hatte. Es folgte das große Unternehmensjubiläum, als Matusalem Rum 2022 das Jubiläum zum 150. Geburtstag der Marke feiern konnte und dies mit dem Matusalem Sublime, limitiert auf 450 Flaschen, auch mit einer exklusiven Abfüllung schmackhaft tat. „Es war eine großartige Abfüllung“, schwärmt Cynthia und spricht respektvoll von den sorgfältig ausgewählten Fässern aus amerikanischer Eiche und Sherry-Fässern. Heute ist sie es, die neue Produkte kreieren darf. So entstand der „Insolito“. Der Name bedeutet „ungewöhnlich“ und so kommt dieser von den Weinen der Provence geprägte Rum auch daher. Er überrascht durch die ungewöhnliche Farbe und überzeugt durch seinen von Tempranillo-Fässern geprägten Geschmack. 2026 plant die Marke zudem, endlich ein ansprechendes Besucherprogramm anbieten zu können.
Ein Rätsel?
Wer mit Cynthia Vargas spricht, spürt auf Anhieb ihre Hingabe zu ihrer Tätigkeit und zugleich die Kompetenz der Fachfrau. Sie geht den Schritt zwischen den beiden Welten des Blending-Masters. Zum einen die Qualitätssicherung, damit das Aroma der Kern-Erzeugnisse konstant bleibt- - zum anderen die mutige Erprobung vielseitiger Fasstypen und die Kreation einer neuen Premium-Abfüllung.
Beinahe nebenbei haben die Teilnehmer des Seminars plötzlich einen Rum im Glas, zu dem es noch keine finale Flasche gibt. Fans der Marke sind womöglich mit dem Gran Reserva Enigma vertraut. Dieser von Patricio Estevez entwickelte Rum gilt bislang als Flaggschiff des Kern-Portfolios. Demnächst erhält dieser Rum den Zusatz „American Oak“, da sich ein zweiter Rum unter das Enigma Gran Reserva-Label gesellt. Enigma bedeutet „Rätsel“ und genau dieses wird heute für uns gelüftet. Mit dem Enigma Gran Reserva French Oak kommt nun Cynthias Kreation auf den Markt, gereift in französischer Eiche, vornehmlich von Weingütern aus dem Bordeaux, erleben wir einen eleganten und komplexen Rum mit Aromen von Beeren und vielschichtigen Gewürzen, dazu Nuancen von Nüssen und eine subtile Süße. Cynthia erinnert sich lächelnd an die finale Verkostung, bei der auch ihr Vorgänger mitwirkte: „Patricio saß mit am Tisch bei dem Test des Rums und als er sagt: Dieser Rum ist wundervoll, da war das ein sehr besonderer Moment für mich.“Wir dürfen auf das Urteil von Patricio vertrauen!
Autor
Peter Eichhorn
Bild/Bezugsquelle
Reidemeister und Ulrichs GmbH / Fotograf Leander Rambichler-Praxmarer
www.ruu.de