Flüssige Vielfalt auf heimischen Inseln und den Weltmeeren
Tradition, Innovation und eine Prise Exzentrik. Dazu eine Tasse Tee – das ist mehr als nur Klischee. Ein Blick hinter die Tücken von Linksverkehr, Cricket und Brexit zeigt: Die Getränkekultur der Britischen Inseln schrieb Weltgeschichte und prägt die flüssige Avantgarde.
Für zahlreiche Leser im deutschsprachigen Raum fand die erste Begegnung mit britischer Trinkkultur womöglich in Form des Klassikers „Asterix bei den Briten“ statt. Lauwarme Cervisia und heißes Wasser mit einem Tropfen Milch konsumieren die Mitglieder des Inselvolks mit höchster ritualisierter Andacht. Noch heute halten sich hartnäckig einige kulinarische Vorurteile über die englische Küche und die Skepsis gegenüber den einheimischen Bieren, die in traditionellen Pubs gern und stolz ohne jedwede Schaumkrone gezapft werden. Doch kaum eine Region prägte durch die Jahrhunderte hindurch die immer wieder neue Entwicklung und die Trends der Getränkewelt von „uisge beatha“ bis zum alkoholfreien Gin. Stets beeinflusst eine internationale Komponente die gefüllten Gläser der Briten. Nicht immer ist dies heiter bedingt. Koloniale Eroberungen, Feldzüge oder Krisen prägen den Getränkekonsum genauso wie Einfallsreichtum, technologische Kreativität und Improvisationsvermögen.
Aus Dutch Courage wird Gin
Derzeit ist Gin in aller Munde, insbesondere in seiner Darreichungsform mit Eis und Tonic Water. 1973 komponierte Billy Joel seinen Song „Piano Man“ und singt: „ There's an old man sitting next to me. Makin' love to his tonic and gin.” Als hätte er geahnt, was ein knappes halbes Jahrhundert später die Tresen der Welt beherrscht. Historische Berichte aus dem 16. Jahrhundert schildern zunächst niederländische Soldaten, die sich mit Genever vor der Schlacht Mut antrinken. Beeindruckte britische Truppen tragen das beeindruckende Destillat in die Heimat und nennen es „Dutch Courage“, niederländischen Mut.
Der sprachlichen Einfachheit halber mutiert der Genever in Großbritannien zum Gin, und die Brennmeister in der Heimat entwickeln ihr eigenes Destillat mit Wacholder und weiteren Kräutern, Rinden, Gewürzen und Früchten. Sie lösen mit preiswertem Schnaps alsbald den „Gin Craze“ aus. Eine immense Nachfrage nach dem billigen Schnaps flutet die Inseln. Die erschreckenden Folgen dokumentiert der Maler William Hogarth (1697-1764) mit seinem berühmten Doppelbild. In der „Gin Lane“ erscheinen die Menschen betrunken, elend und krank. In der „Beer Street“ hingegen wirken die Leute heiter, wohlhabend und gesund. „Mother’s ruin“ lautet alsbald der Beiname für den verheerenden Fusel. Erst Gesetze, moderne Destillationstechniken und Vereinbarungen der legalen Produzenten sorgen in den Folgejahren dafür, dass sich Gin zu dem hochwertigen und eleganten Destillat entwickelt, das wir heute wahrnehmen. Sei es mit dem bewährten Tonic Water oder in klassischen Cocktails.
Jeder Tag ist Martini-Tag
Obwohl die Herkunft des Martini Cocktails in Nordamerika beheimatet ist, verkörpert dieser Drink auf eine kuriose Weise etwas sehr Britisches. Das mag an der zahlreichen Prominenz liegen, die sich dem Martini hingab und hingibt.
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