Under Bar, Zürich
Neue Konzepte & frische Ideen

Das Nachtleben befindet sich derzeit im grundlegenden Wandel – sowohl auf Club- als auch auf Bar-Ebene. Neue Konzepte und frische Ideen sind gefragt: Eine Schenke ohne besonderen Aufhänger reicht längst nicht mehr aus, um Gäste zu mobilisieren – man muss sich etwas einfallen lassen. Wie so etwas aussehen kann, zeigt die im November 2024 eröffnete Under Bar in der Nähe der Zürcher Langstrasse. Auf den ersten Blick weist sie zwar sämtliche Merkmale einer klassischen Zürcher Bar auf, doch wer einen zweiten Blick riskiert (und das sollte man unbedingt), erkennt schnell, dass es hier noch viel mehr zu entdecken gibt.
Dazu zählt auch eine konsequente musikalische Offenheit mit Fokus auf das regionale Kulturgeschehen. An der Adresse, an der sich die Under Bar befindet, waren zuvor erst die Kaktus Bar (eine berühmt-berüchtigte Hardrock-Kneipe) und dann der „Kater“ zuhause. Tendenziell eher düstere und verruchte Spelunken, in denen (zumindest teilweise) auch entsprechende Gestalten vor einem Bier gesessen sind. Tempi passati: Das Leitungsteam der Under Bar, bestehend aus Christos Zygas, Konstantin Zygas und Roger Hämmerli hat der Zwielichtigkeit den Garaus gemacht und eine helle und einladende Bar geschaffen, die sich auch bei einem jüngeren Publikum grösster Beliebtheit erfreut. Die Under Bar ist von Mittwoch (dann finden jeweils Konzerte statt) bis Samstag geöffnet und bietet 100 (an Konzerten), respektive 70 (bei Normalbetrieb) Gästen Platz.
Under Bar
Musikalische Offenheit ist eine grundlegende Maxime der Under Bar, der mit viel Sachverstand und Leidenschaft nachgegangen wird – Musik spielt hier nicht nur eine Neben-, sondern eine Hauptrolle. Ob Funk, Alternative oder elektronische Musik – hier wird alles geboten, Hauptsache, die Qualität stimmt. Dies wiederum gilt nicht nur für Livekonzerte, sondern auch für DJing-Abende. All dies ist in eine sehr entspannte Atmosphäre eingebettet, in der man sich unmittelbar beim Betreten der Bar wohlfühlt. Man fühlt sich willkommen und schon nach dem ersten Drink als Teil einer Gemeinschaft – was auch die stets ausgelassene Stimmung in der Under Bar erklärt. Auch wenn in der Under Bar eine gewisse Detailversessenheit zelebriert wird, das große Ganze wird nie aus den Augen verloren.
Das Ambiente
Bei der Einrichtung wurde auf „Entspanntheit“ und „Minimalismus“ geachtet. Dabei wurde beim Look auf drei Hauptfarben zurückgegriffen: Flieder/Lila, Grün und Orange. Dieser wurde mit einer ruhigen und zurückhaltenden Linienführung versehen, die sich durch das ganze Konzept zieht und an „japanische Aufgeräumtheit“ erinnert. Viel Liebe zum Detail, leichtes Mobiliar und eine helle, einladende Gestaltung haben hier einen überaus angenehmen Raum geschaffen, in dem man gerne verweilt – gerne auch mal etwas länger. Auch Hingucker gibt es reichlich, sei es das Schachbrett an der Wand, etliche Details in den Ecken oder originelle Jackenaufhänger, die in einem kompakten Ganzen zusammenfinden.
Die Raumaufteilung
Die Kapazität von 100 Personen (bei Konzerten) respektive 70 (im Normalbetrieb) scheint angesichts der doch eher überschaubaren Grösse der Under Bar ziemlich optimistisch, entspricht aber den Tatsachen. Dies ist einer innovativen Raumaufteilung zu verdanken: Die Lounge hinten links und die Bühne rechts neben dem Tresen sind multifunktional und können sowohl in den Barbetrieb als auch ins Live-Setup miteinbezogen werden. Sie lassen sich innerhalb von Minuten modular umbauen und auf sich schnell ändernde Anforderungen abstimmen. Aus demselben Grund wird in der Under Bar auch nur leichtes Mobiliar verwendet – abgesehen davon, dass es auch wunderbar zum erwähnten ruhigen Farbkonzept passt.
Kulinarik
Um diesen Punkt zu erläutern, muss man den Blick von der Under Bar ab- und ihrer unmittelbaren Umgebung zuwenden. Zwar befindet sie sich an der für Ortsunkundige eher nichtssagenden Kanonengasse, doch diese liegt nur wenige Gehminuten von der Langstrasse entfernt. Und die Langstrasse ist das Zürcher El Dorado für Freund*innen von Küchen aus aller Herren Länder. Kurzum: Zwar wird in der Under Bar selbst kein Food angeboten, doch wer zwischendurch einen kleinen (oder auch grösseren) Hunger stillen möchte, findet in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft Hunderte von Möglichkeiten, dies zu tun. In der Under Bar selbst fokussiert man sich deshalb folgerichtig auf Musik & Drinks.
Team
In vielen Zürcher Bars und Clubs ist „Schnelligkeit“ die primäre Anforderung an das Barteam – vor allem in Clubs, in denen in der Schweiz nur sehr selten Cocktails angeboten werden: Longdrinks, Bier und Wein, und das bitte zackig! Ganz anders in der Under Bar: Hier wird vom Barpersonal Aufmerksamkeit (weniger Coolness, mehr Präsenz), Freude am Bartending und ein Auge fürs Detail verlangt. Die Teammitglieder müssen über ein Talent verfügen, die Leute „abzuholen“ und ihnen das Gefühl geben können, am „goldrichtigen Ort“ zu sein. „Schnelles Durchwinken“ ist in der Under Bar verpönt – hier nimmt man sich die Zeit. Sei es nun für ein gutes Gespräch oder um einen wirklich guten Drink zu mixen.
Musik
Die Musik in der Under Bar wird nicht zuletzt durch kuratierte Playlists bestimmt, die auf vielen Jahren musikalischer Erfahrung basieren und auf unterschiedliche Stimmungen und Personengruppen abgestimmt werden können. Dies soll die Gäste „abholen“ und dazu animieren, zu bleiben. Nach Konzerten wird die Stimmung mit diesen Playlists konserviert und weitergesponnen, was bei den Fans sehr gut ankommt. Die Songs stammen von vielen unbekannten Interpretinnen, die man hier entdecken kann, sowie auch von etablierten Stars. An diese stilsichere Diversität halten sich auch die DJs, was das Publikum über alle Massen schätzt. Die Live-Bands und -Musikerinnen interagieren hier direkt mit ihrer Crowd, was jeweils eine sehr intime Atmosphäre schafft.
Akustik
Diesem musikalischen Konzept hat sich auch die Akustik unterzuordnen, die in der Under Bar primär Mittel zum Zweck ist. Im Gegensatz zu grossen Clubs wie beispielsweise dem Nordstern in Basel wurden hier natürlich keine Hunderttausende Franken in ein luxuriöses Soundsystem investiert. Dennoch: Das perfekt eingestellte System ist sehr flexibel und kann im Nu von Livemusik zu den erwähnten Playlists umschalten. Damit hält die Technik mit dem anspruchsvollen musikalischen Konzept in der Under Bar durchaus Schritt und wird diesem mühelos gerecht – was nicht nur das Publikum schätzt, sondern auch die Musiker*innen und DJs. Diese Bar trägt nicht umsonst den Zusatz „Music“ im Namen.
Publikumsmix
Die Under Bar ist eine junge Bar, wird aber von den unterschiedlichsten Personen frequentiert, wobei Couleur und Gender hier nicht die geringste Rolle spielen – ganz so, wie man es von einer zeitgenössischen, urbanen Bar erwarten darf. Die Under Bar ist ein beliebter Aufwärm-Treffpunkt für eine Tour durch die umliegenden Clubs, aber auch ein Ort, an dem man die halbe Nacht verweilen kann, nur um irgendwann überrascht auf die Uhr zu blicken – «Was? Schon so spät?». Viele Zufallsbesucher*innen wurden hier bereits zu Stammgästen, und wer hier erstmals einen Fuss über die Schwelle setzt, dürfte von der freundlichen Atmosphäre positiv überrascht sein. Die Under Bar ist denn auch tatsächlich eine Oase der Freundlichkeit inmitten des bisweilen doch sehr ruppigen Chreis Cheib.
Barkarte
Wie in diesem Text bereits mehrfach erwähnt, dreht sich in der Under Bar alles um die Musik. Aber selbstverständlich nicht ausschliesslich, denn die Under Bar hat noch viel mehr zu bieten, beispielsweise erstklassiges Bartending. Wer eine fünfzig Seiten umfassende Barkarte mit geschätzten drei Dutzend Signatrue Cocktails sucht, der wird in der Under Bar zwar nicht fündig, aber für Fans von Klassikern wie dem Cosmo, dem Negroni oder dem Basil Smash gibt’s an dieser Adresse nichts zu meckern. Und wer sich nicht auf die Classics reduzieren mag, für den hält die Under Bar dann doch einige Eigenkreationen bereit, wie beispielsweise den ‘Underenand’ (Rum, Giselle, Zitronensaft, Zucker, Orange Bitter) oder den ‘Underschätzt’ (Tanqueray Gin, Zitronensaft, Zucker, Grapefruitsaft). Ein Highlight ist der Negroni Zero (‘Under Null), der ausschliesslich mit Schweizer Zutaten zubereitet wird.
Fazit
Die im November 2024 eröffnete Under Bar nahe der Zürcher Langstrasse zeigt, wie modernes Nachtleben funktioniert: stilvoll, musikalisch vielfältig und einladend. Kuratierte Playlists, Livekonzerte und DJ-Abende mit lokalem Fokus treffen hier auf detailverliebtes Design in Flieder, Grün und Orange. Die Raumaufteilung ist modular, das Soundsystem flexibel, das Barteam aufmerksam – hier zählt Qualität statt Tempo. Zwar gibt’s kein Essen, aber unzählige kulinarische Optionen rundherum. Die Drinks: klassisch oder kreativ, wie der „Underschätzt“. Die Atmosphäre: offen, herzlich, urban. Wer einmal kommt, bleibt meist länger – oder kommt bald wieder.
Mystery BarCheck
Under Bar | |||
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Testurteil: 5,1 Dies entspricht 2 von 3 Jiggern |
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Das Ambiente/Die Einrichtung | 5 | ||
Die Barkarte | 5 | ||
Mixed Drinks | 5 | ||
Musik | 5 | ||
Publikumsmix | 5 | ||
Barteam | 5 | ||
Sauberkeit & Hygiene | 6 | ||
Preis & Leistung | 5 | ||